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Wirklich Neues war von dem mit großem Tam-Tam den Tag über annoncierten Interview mit Wulff nicht zu erwarten - genauso ist es auch gekommen. Wie Heribert Prantl für die SZ kommentierte: Wulff hat sich selbst begnadigt. Viel Bekanntes mehr oder weniger plausibel erklärt, eine Prise Selbstmitleid „Das Amt des Bundespräsidenten ist aus vielerlei Gründen in Deutschland schwieriger geworden...“  und die Kritiker in die Verantwortung gedrängt: „...und durch diese Art von Umgang mit den Dingen hat man dem Amt sicher nicht gedient...“.

Man hat nach wie vor den Eindruck, als ob Aufrichtigkeit etwas Anderes ist, als seine bemühten Versuche die „Spezialkredite“ in einem ihm genehmen Licht erscheinen zu lassen. Passend dazu „...dass der dann sozusagen noch vertraglich unterschrieben wird, die Bank mir das zuschickt, ich das zuschicke, ist eine Durchführung die aber gar nicht notwendig ist, weil ein mündlicher Vertragsschluss auch reichen würde, es gilt auch Handschlagqualität in dem Bereich, wenn man sich mit einer Bank verständigt.“ Man mag Wulff gratulieren, dass die Banken ihm per „Handschlagqualität“ zu Seite stehen oder hat er das jetzt ein wenig mit der „Handaufhaltequalität“ verwechselt, für die er mittlerweile auch als oberster Repräsentant des Staates steht?  Immerhin, *das* glaubt man ihm sofort: „Ich möchte nicht Präsident in einem Land sein, wo sich der Präsident von Unternehmern kein Geld mehr leihen kann.“

[Der vorherige Satz ist im Interview so nicht gefallen. Ich bin einer falschen Quelle gefolgt, tatsächlich hat Wulff nur gesagt: „Es gibt auch Menschenrechte, selbst für Bundespräsidenten und auch deren Freunde, deren Angehörigen. Und ich möchte nicht Präsident in einem Land sein, wo sich jemand von Freunden kein Geld mehr leihen kann. Das, will ich auch mal sagen, sollten wir auch im Blick behalten.“  Also nur Freunde, die ggfs. auch Unternehmer sein können. Mir ist im Moment nicht ganz klar, wo Herrn Wulffs Menschenrechte verletzt wurden / werden.]

Große Teile des Interviews wie gehabt das „Durchlavieren“ eines Karrierepolitikers in einem Amt, das ganz allein durch ihn mehr Schaden genommen hat, als es Wulffs Kritiker je hätten bewerkstelligen können.

Leider scheint die Mission, sich am Amt ganz fest zu klammern vorläufig gelungen. Wer verzichtet auch schon gern auf einen Job im Schloss mit großzügigem sechsstelligen Jahresgehalt? Nur eines ist klar: eine weitere Büßerrunde im öffentlich-rechtlichen TV wird es nicht geben. Sollte noch einmal eine Geschichte in der Qualität der Droh-Anrufe bei BILD und WELT auftauchen, dann ist der Herr endgültig weg vom Fenster. Zugegeben: eine Träne nachweinen würde ich ihm nicht. 

Das komplette Interview im Wortlaut, der Piratenpartei sei Dank: http://piratenpad.de/wulff-ard-transkript):